Das Leiden mit dem Laden

Sie sind eine der privilegierten Personen, die bereits über ein Elekto-Fahrzeug verfügen? Haben damit die erste Hürde geschafft, eines der begehrten und laut Politik ungemein großzügig geförderten Fortbewegungsmitteln der Zukunft für sich zu ergattern? Gratulation. Sie haben sich damit gegen Lieferverzögerungen, softwarebedingten Rückrufaktionen und neben dem Kaufpreis weiteren Schreckgespenstern sowie Einschränkungen behauptet. Sie können damit auf Level 2 erhöhen und sich den Unwägbarkeiten des Lade-Wahnsinns aussetzen. Und glauben Sie mir: Das Laden eines solchen E-Fahrzeugs ist mitnichten ebenso zermürbend, wie es vermutlich die Wartezeit auf Ihr Fahrzeug gewesen sein dürfte.

 

Warum ich das behaupte? Was ist mir kürzlich widerfahren?: Bei einer intermodal perfekt geplanten Fortbewegungs-Kette unterschiedlicher Verkehrsträger (mit dem E-Fahrzeug zum Bahnhof, von dort weiter mit dem Zug) wurde ich Opfer des Lade-Leidens. Was ist geschehen, werden Leser fragen, die nach den einleitenden Worten noch in den Zeilen kleben? Mit dem E-Mobil an der Smartrics-Ladesäule (Partner der ÖBB-Infra) angekommen, wollte ich mich als hipper User analog der Ausführungen an der Ladesäule registrieren, um in den Genuss von 11 Kilowatt/Stunde zu gelangen. Mein Fahrzeug hatte es bitter nötig, war quasi leergesaugt durch meine spritzige jedoch ökonomische Fahrweise. Zu diesem Zeitpunkt war ich guter Dinge, stand doch an der Ladesäule aufgelistet, dass dies „einfach und schnell“ erledigt sei. Als digitaler Nerd immer dabei: das Smartphone. Darüber den Registrierungs-Prozess durchlaufen … leider immer wieder mit Abbrüchen innerhalb des Vorgangs. Es lag nicht am Netz, es lag auch nicht an einer fehlenden Responsivität – die App war wohl überlastet ob des Zulaufs an neuen User:innen, die alle das top ausgebaute Lade-Infrastruktur-Netz der ÖBB mit deren Partner Smartrics nutzen wollten. Anders ist es wohl nicht zu erklären ;-)

 

Doch Geduld zahlt sich – wie immer und überall (und vor allem als Nutzer eines E-Fahrzeugs) – aus. Nach gut 30 Minuten war dann auch das Bestätigunsmail in meinem Posteingang, damit ich den Registrierungs-Verlauf abschließen konnte. 30 Minuten, in denen ich wohlgemerkt alle paar Sekunden den Aktualisierungs-Button meines Posteingangs bemüht habe. Aber man will ja nicht kleinlich sein. E-Mobilität ist eine Frage der Einstellung und des Mindsets, wie es marketinginduziert heißt. Also hat mein Mindset mich während des Registrierungs-Prozesses immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass ich doch bitte geduldig bleiben und auf das Bestätigungsmail in meinem Posteingang warten soll. Dass in der Zwischenzeit bereits zwei Züge in meine gewünschte Ziel-Richtung abgedampft sind, lasse ich außen vor – und es tut ja im Grunde auch nichts zur Sache.

 

Letztlich sitze ich im Zug und freue mich, unterschiedliche Verkehrsträger miteinander verknüpft zu haben, was in mir ein gutes Gefühl aufsteigen lässt – unter uns gesprochen auch bitter notwendig, nach dem Kampf mit der Ladesäulen-Registrierung. Gemützlich sitzend vermeldet die Ladesäulen-App plötzlich, dass ich in der Nähe der Ladesäule sein müsse, um den Ladevorgang starten zu können. Dies kann nicht aus der Ferne passieren, obgleich der Registrierungsprozess bis auf wenige persönliche Daten wie beispielsweise die Blutgruppe und der Name meiner Eltern quasi alle relevanten Daten zur Zuerkennung zwischen meiner Person und meinem Fahrzeug erhalten hat. Das heißt, ich sitze im (fahrenden) Zug, starre ungläubig auf mein Snartphone, damir eine App mitteilt, dass ich nicht laden kann, obgleich mein E-Fahrzeug brav angesteckt an der Ladesäule steht und wohlgemerkt … genau … den Standplatz blockiert, aber nicht geladen wird. Das gute Gefühl von vorhin ist damit relativ schnell wieder verflogen … ich muss etwas mehr an meinem Mindset arbeiten, fürchte ich. So zahle ich dann also die Standgebühren von 0,8 ct/Minute, finde bei meiner intermodalen Rückkehr ein leeres E-Fahrzeug vor und überlege krampfhaft, wie ich zur nächsten Ladesäule komme, die mich auch laden lässt oder ob ich es etwa noch bis in die heimische Garage schaffe, wo ein analoges Ladekabel auf mich und das nach Energie lechzende E-Fahrzeug wartet.

 

Park & Ride – dieses vom Sinn her wirklich praktische Verknüpfen unterschiedlicher Verkehrsträge prangt ideell vor meinem geistigen Auge und ich sinniere mehr oder minder ernsthaft, als Geschäftsreisender wieder auf einen umweltbelastenden Verbrenner umzusteigen, oder beim nächsten Mal gleich die ganze Strecke ohne Einbindung der Bahn zu absolvieren (vorher in der heimischen Garage mit dem analogen Ladekabel aufgeladen versteht sich).

 

Mal sehen. was mein Mindset in den nächsten Tagen nach Reflektion dieser Lade-Tortur dazu spricht …

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